Betriebsunterbrechungen und ihre Ursachen
Die Verbreitung des Coronavirus stellt zurzeit die global verflochtenen Liefer- und Wertschöpfungsketten auf eine Zerreissprobe. Die Pandemie ist jedoch nur eines von vielen Risiken, die zu Unterbrechungen in den Supply Chains führen kann. Die Erkennung dieser Risiken, der präventive Aufbau von Redundanzen sowie eine risikoadjustierte Versicherungslösung sind im Notfall erfolgsentscheidend.
Weitestreichende Abhängigkeiten
Wer Wind sät, wird Sturm ernten. So könnte die aktuelle Situation vieler Unternehmen beschrieben werden, in der sie sich jedoch nicht zuletzt aus Effizienz- oder Kostengründen sowie der eigenen Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsstärke befinden. Die vergangenen zehn bis zwanzig Jahre standen ganz im Zeichen der Globalisierung und des Wachstums. Neue Märkte wurden erschlossen, Produktionskapazitäten ins Ausland verlagert (Offshoring) und neue internationale Partnerschaften eingegangen. Die Importe und Exporte der Schweiz aus und nach Europa, Nordamerika und Asien haben sich teils verachtfacht. Allen voran sind die Handelspartner Deutschland, China und die USA, die derzeit gemeinsam rund 40% der Schweizer Exporte ausmachen. Es ist also nicht überraschend, dass ein Ereignis, welches das Konsumverhalten und die Produktionsprozesse in diesen Ländern stark einschränkt (vor allem durch Social Distancing), zu massiven Störungen in den globalen und nationalen Wertschöpfungsketten führt.
Welche Branchen es am schlimmsten trifft
Seit der vermutlichen «Tier zu Mensch-Übertragung» des Coronavirus in der ersten Novemberhälfte hat die Zoonose die Gesellschaftsstrukturen sämtlicher Länder in ihren Grundfesten erschüttert. Immer mehr Länder rufen den Notstand und den Lockdown aus, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen und das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu schützen. Der Lockdown hat vor allem für die Industrien negative Konsequenzen, die darauf angewiesen sind, dass Menschen ihr Haus verlassen, für die also ein physischer Point of Sale erfolgskritisch ist.
Dies sind vor allem das Gastronomie- und Gastgewerbe sowie die damit verbundenen Grosshändler, Logistikunternehmen und Nahrungsmittelhersteller. Viele Möbelhäuser betreiben zwar Online-Shops, setzen jedoch den Grossteil ihrer Waren immer noch physisch ab. Sie müssen genauso wie Holzverarbeiter und Möbelbauer mit deutlich geringeren Umsätzen und mit Kurzarbeit rechnen. Die Automobilbranche hat es ebenso hart getroffen. VW wird alle europäischen Werke temporär schliessen. Dieser Entscheid, dem voraussichtlich weitere OEM folgen werden, wirkt sich verheerend auf die Automobilzulieferer aus, die in der Stahl-, Elektronik- oder Plastikindustrie tätig sind. Die Forderung von Staatshilfen der SWISS zeigt, dass auch die Transport- und Tourismusbranche in Mitleidenschaft gezogen wird. Weitere Unternehmen wie Reiseveranstalter, Flughäfen, Caterer und Reinigungsunternehmen haben folglich ebenso mit den Herausforderungen des Coronavirus zu kämpfen.
Aber auch andere Industrien wie die Textil- und Bekleidungsbranche sind besorgt, weil die Produktion in China als der «Werkbank der Welt» immer noch nur eingeschränkt möglich ist und die Sicherheitsbestände langsam knapp werden. Die Evaluation von Alternativlieferanten dürfte nur mässige Ergebnisse liefern, da auch diese Kapazitäten begrenzt sind und die Knappheit von Gütern bei konstant bleibender Nachfrage in erhöhten Preisen resultiert. Die Wiederaufnahme der chinesischen Produktion wird jedoch nicht zur Entspannung der Lage beitragen. Als die nächste grosse Herausforderung wird der Transport der Güter an ihren Bestimmungsort gesehen. Viele Waren werden im Bauch von Passagierflugzeugen verfrachtet. Einreisebeschränkungen und allfällige Airline-Groundings könnten folglich den Gürtel um die Lieferketten noch enger schnallen.
Es wird also kaum Branchen geben an denen die Pandemie und die damit verbundenen politischen Entscheide spurlos vorbeigehen. Unternehmen mit digital ausgerichteten Geschäftsmodellen dürften dabei dennoch etwas im Vorteil sein.
Die Ursachen von Betriebsunterbrechungen sind vielfältig
Neben Epidemien und Pandemien bedrohen zahlreiche weitere Risiken die Wertschöpfungs- und Lieferketten von Unternehmen. In diesem Zusammenhang gilt es die Studien des Business Continuity Institutes (BCI) zu erwähnen, die jährlich veröffentlicht werden und sich vertieft mit den Ursachen und Wirkungen von Betriebsunterbrechungen befassen. Dabei werden nicht nur die Erwartungen und künftige Risikoeinschätzungen der Unternehmen erfasst, sondern auch die eingetroffenen Schäden retrospektiv analysiert. Im aktuellen «BCI Horizon Scan Report 2020» sind die Top-Risiken der letzten und der kommenden 12 Monate zu finden, die es unbedingt in das eigene Risikomanagement aufzunehmen, zu bewerten und präventiv oder reaktiv zu bewältigen gilt. Ein weiterer Vorteil ist Verfügbarkeit der durchschnittlichen Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeiten und des Schadensausmasses der Risiken, die die eigene subjektive Risikobewertung ergänzen kann.
Quelle: BCI Horizon Scan Report 2020
Für Unternehmen, die es genau wissen möchten
Mittels einer Betriebsunterbrechungs-Analyse (BU-Analyse) werden die Abhängigkeiten in den Wertschöpfungs- und Lieferketten von Unternehmen identifiziert. Gemeinsam mit unseren Experten evaluieren Sie mögliche Risiken, die in Ihrer Supply Chain auftreten könnten und mit welchem finanziellem Aufwand im einzelnen Schadenfall zu rechnen ist. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Erarbeitung von Massnahmen und den zielgerichteten Aufbau von Redundanzen.
Die Erkenntnisse zeigen zudem die notwendigen Schwerpunkte für die betriebliche Kontinuitäts-, Notfall- und Krisenplanung. Schliesslich kann mittels der Analyse überprüft werden, ob und in welcher Grössenordnung eine Betriebsunterbrechungs-Versicherung als Teil eines ganzheitlichen Risikomanagements sinnvoll ist. Ergänzend dazu können auch für Risiken, die keine physischen Schäden verursachen und damit nicht von den klassischen Versicherungslösungen erfasst werden, alternative Versicherungsdeckungen evaluiert werden.
Ihr Ansprechpartner
Max Keller
Lead Funk RiskLab