Sharing and Caring – auch in den Ferien

Die Coronakrise hat die Tourismusbranche vor extreme Herausforderungen gestellt. Die Pandemie zwang den Schweizer Ferienanbieter Hapimag viele Resorts phasenweise zu schliessen. Im Interview erzählt CFO Silvan Odermatt, wie es Hapimag im letzten Jahr dennoch geschafft hat, strategische Fortschritte zu erzielen und dabei die hohe Servicequalität zu steigern.

Alle ihre Kunden sind gleichzeitig auch ein Stück weit Eigentümer Ihres Unternehmens. Ist das Fluch oder Segen? Welches sind die Herausforderungen, respektive die Vorteile?

In erster Linie sehen wir das als einen Wettbewerbsvorteil: Weil unsere Kunden gleichzeitig auch unsere Aktionäre sind, engagieren sie sich viel stärker für das Unternehmen, als es zum Beispiel bei einem anderen Ferienanbieter der Fall wäre. Sie identifizieren sich, zeigen sich solidarisch und geben konstruktive Kritik. Gerade in Zeiten der Coronapandemie ist dieser Zusammenhalt sehr wichtig für Hapimag. Unsere Aktionärinnen und Aktionäre buchen Urlaub, sobald sie können. Und sie buchen ihn mit Hapimag, weil sie mit dem Unternehmen verbunden sind. Wir stellen ebenfalls fest, dass unsere Kunden mehr Sorge zu den Ferienanlagen und -wohnungen tragen, als dies bei externen Gästen der Fall wäre. Auch aus finanzieller Sicht gibt es hier weniger Zielkonflikte. So fokussieren wir nicht auf kurzfristige Quartalsergebnisse und haben keine divergierenden Interessen zwischen den Nutzern und Kapitalgebern, da es dieselben Personen sind. Wir versuchen entsprechend eine Balance zu finden zwischen einer nachhaltigen finanziellen Entwicklung, die es uns erlaubt, die notwendigen Investitionen in unser Resort-Portfolio zu tätigen, möglichst attraktives Preis-Leistungsverhältnis zu bieten.

Silvan Odermatt

Chief Financial Officer
Member of the Executive Committee

Silvan Odermatt ist seit 2019 bei Hapimag tätig. Er startete seine berufliche Laufbahn bei PwC im Bereich Wirtschaftsprüfung und wechselte später in die Transaktionsberatung/M&A bei PwC in Zürich und London. Danach folgten Stationen als Group CFO bei einem führenden Farbenhersteller in Deutschland und als CFO der C&A Mode AG mit Sitz in Baar. Der gebürtige Schweizer verfügt über einen Studienabschluss in Wirtschaftsrecht, sowie über einen Executive MBA des IMD Lausanne, ist eidgenössisch diplomierter Wirtschaftsprüfer und Chartered Financial Analyst (CFA).

Hapimag konnte 2019 einen Gästerekord verzeichnen und dann kam Corona. Der Tourismus wird von der Krise extrem herausgefordert – welches sind Ihre Erfahrungen?

Wie andere Ferienanbieter blicken wir auf ein Jahr mit grossen Herausforderungen zurück. Trotz Corona konnte Hapimag aber wichtige strategische Fortschritte erzielen, die finanzielle Stabilität gewährleisten und die hohe Servicequalität sogar noch steigern. Wir haben die Buchungsbedingungen gelockert, damit unsere Mitglieder flexibel stornieren oder umbuchen können. Und wir haben unsere Resorts nach den Lockdowns schnell wieder geöffnet. So konnten viele Gäste – trotz Corona – einen schönen, und sicheren Urlaub in unseren Hapimag Resorts geniessen. Hapimag war mit guten Belegungszahlen in das Jahr 2020 gestartet. Die Pandemie zwang uns aber ab März und April, viele Resorts phasenweise zu schliessen. Im Sommer wiesen die Resorts in den Ländern Deutschland, Schweiz, Österreich und Italien eine sehr gute Belegung auf: 25 Resorts haben im August sogar eine Belegung von 90% oder höher erreicht. Aber die klassischen Flug-Destinationen waren klar zu wenig ausgelastet. Dank der Stärke unseres Geschäftsmodells und frühzeitigen und konsequenten Kostenmassnahmen konnten wir den negativen finanziellen Effekt der Pandemie, trotz eines noch nie dagewesenen Umsatzrückgangs, aber stark reduzieren. Unsere Netto-Bankverschuldung konnten wir gar abbauen und waren gleichzeitig in der Lage über EUR 15.5 Mio. in unser Resort Portfolio sowie in Digitalisierungsprojekte zu investieren. Nichtsdestotrotz schliessen wir das Jahr mit einem negativen Betriebsergebnis von 3,2 Millionen Euro ab. Wenn ich mir aber anschaue, was aktuell in unserer Industrie passiert, haben wir uns bis jetzt eigentlich nicht so schlecht geschlagen. Ebenfalls spüren wir derzeit seitens unserer Aktionäre eine starke Nachfrage und hohes Bedürfnis zu reisen, was uns für den Sommer und das zweite Halbjahr zuversichtlich stimmt.

Wer einen «Googler» als VR-Präsidenten hat, der hat bezüglich der Digitalisierung des Geschäftsmodells einiges vor.
Ist das so?

Das Thema hat für uns enorm an Bedeutung gewonnen. Digitalisierung sehen wir als einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, welcher in der Realität nie vollständig abgeschlossen sein wird. In diesen Disziplinen profitieren wir sicherlich sehr von der Expertise und Erfahrung, die Philipp Ries mitbringt. Ebenfalls ist es uns in diesem Bereich in den letzten zwei Jahren unter der Leitung unserer Chief Product Officer Paulina Wielinska gelungen, viele Schlüssel-Talente für unser Unternehmen zu gewinnen.

Wir haben entsprechend in den letzten 2 Jahren trotz Corona einiges erreichen können. So können unsere Aktionärinnen und Aktionäre heute ihre Wohnpunkte auf unserer Punkteplattform praktisch in Echtzeit austauschen bzw. zu- und verkaufen. Dieses Jahr lancierten wir den Marktplatz für die Hapimag Aktie, die es unserer Community erlaubt, ihre Aktien unkompliziert zu verkaufen oder zu kaufen. Das Pilotprojekt in der Schweiz ist gut angelaufen und wir sind dabei, den Markplatz zügig in unsere anderen Märkte auszurollen. Weiter überarbeiten wir unser Buchungsportal vollständig, um so die digitale User Experience weiter zu verbessern.

Wo sehen Sie für die Zukunft weitere Fokuspunkte?

Neben den Investitionen in die Digitalisierung möchten wir auch die Umbauten und Renovationen unserer Resorts beschleunigen. Wir haben rund 55 Resorts an Toplagen in Europa, die auf einem hohen Niveau unterhalten und gepflegt sein müssen. Natürlich hängt die Geschwindigkeit der Renovationen auch noch etwas vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.

Nachhaltiger Tourismus, «sharing is caring», digitale Angebote. Es scheint, als sei Hapimag für die Zukunft gut aufgestellt?

Unsere Sharing and Caring-Idee ist aktueller denn je. Das hat nicht zuletzt die Coronakrise gezeigt. Wir glauben, dass die Zukunft in unserer Branche mehr in Richtung Nachhaltigkeit, Qualität und Sicherheit geht und hier haben wir einiges zu bieten. So waren wir selber überrascht, dass wir 2020 trotz Corona und vielen geschlossenen Resorts bei den Gästebewertungen Spitzenwerte erreichten und wir sogar mehr neue Aktionärinnen und Aktionäre gewinnen konnten als noch in den Vorjahren. Die meisten Neukunden gewinnen wir aufgrund von Empfehlungen unserer treuen Mitglieder.

Zusammenarbeit mit Funk: Was hat Sie die Corona-Erfahrung in Bezug auf Ihr Risikomanagement gelehrt?

Dass man sich beim Risikomanagement nicht immer nur auf eine Normalverteilung verlassen sollte und dass Risiken holistisch adressiert werden sollten. So ist eine starke Bilanz sowie gut gesicherte Cashflows aus diversifizierten Geschäftsfeldern auch eine Art Versicherungspolice. Zumindest in unserem Fall hat uns das stark geholfen.

Über 50 Resorts ausserhalb der Schweiz benötigen modernen Versicherungsschutz. Wie ist Ihre Erfahrung mit dem Funk Alliance Network?

Es ist für uns wichtig, in Versicherungsfragen global einen zentralen Ansprechpartner zu haben, welcher unser gesamtes Risikoprofil und Versicherungsportfolio kennt, ohne aber auf einen lokalen Support vor Ort zu verzichten. Mit seinen Netzwerkpartnern kann Funk das sehr gut abdecken.

In welchen Punkten hat sich die Zusammenarbeit mit Funk als besonders wertvoll erwiesen?

Was wir an Funk schätzen, sind die Reaktionsgeschwindigkeit, innovative Lösungsansätze und dass sie für uns die Extrameile gehen. Gerade während der Pandemie konnten wir so wesentliche Kosteneinsparungen in einem nicht ganz einfachen Marktumfeld erzielen.

Ihr Kontakt

Rolf Th. Jufer

Mitglied der Geschäftsleitung

Hapimag

Hapimag ist ein Schweizer Ferienanbieter mit rund 55 verschiedenen Resorts in 16 Ländern, vorwiegend in Europa, aber auch in den USA (Florida), Nordafrika (Marokko) und der Türkei.

Hapimag wurde 1963 mit der Idee «gemeinsam investieren – individuell nutzen» gegründet, weshalb das Unternehmen gerne als «Pionierin der Sharing Economy» bezeichnet wird.

Über 120’000 Mitglieder investieren in ein gemeinsames Urlaubserlebnis, indem sie Ferienresorts bauen und renovieren, ihre Ferienwohnungen teilen und Sorge zur Infrastruktur tragen. 

Das Geschäftsmodell basiert auf einem bewährten Punktesystem: Durch den Kauf von Aktien wird man Teil der Community und darf Urlaub in den Hapimag Resorts geniessen. Pro Aktie erhält man jährlich 60 Wohnpunkte, damit man Ferienwohnungen von Hapimag buchen kann. Wohnpunkte können auch zwischen den Aktionären ausgetauscht bzw. ge- und verkauft werden. Vor Ort in den Hapimag Resorts fallen nur noch Nebenkosten an, zum Beispiel für Strom, Reinigung und Service. 

Das primäre Ziel ist nicht die Erwirtschaftung möglichst hoher Gewinne, sondern eine nachhaltige, finanzielle Entwicklung im Einklang mit allen Stakeholdern, um den Aktionärinnen und Aktionären ein möglichst attraktives Urlaubserlebnis bieten zu können.

 

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