Funk Global Risk Consensus

Ein neutraler Blick auf die wichtigsten Risiken 2020

Jedes Jahr führen namhafte Unternehmen und Institute Umfragen und Analysen durch, um die Stimmungen im wirtschaftlichen Umfeld zu untersuchen. Ein spezieller Fokus wird dabei auf diejenigen Risiken gelegt, mit denen Unternehmen jeweils aktuell konfrontiert sind. Zudem werden Risiken identifiziert, die im folgenden Geschäftsjahr als besonders besorgniserregend eingestuft werden. Aus den Antworten werden meist die Top-10 Risiken ermittelt und anschliessend medial verbreitet. Die Resultate der einzelnen Studien sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen, da sie tendenziell durch voreingenommene Fragestellungen und Auswertungen beeinflusst werden können. Ein "Studien-Bias" kann auch bei grossen Namen nicht ausgeschlossen werden.

Um den Marktteilnehmern einen neutralen Überblick zu verschaffen, ist es sinnvoll, den "Studien-Bias" bestmöglich zu eliminieren. Hier setzt der Funk Global Risk Consensus an. Für den Funk Global Risk Consensus werden fünf jährlich wiederkehrende Studien und Risikoreports konsolidiert und ausgewertet. Dies stellt sicher, dass eine verlässliche und vergleichbare Datenbasis vorliegt. Die Studienauswahl umfasst Arbeiten von Rück- und Direktversicherern, Beratungsgesellschaften, wissenschaftlichen Instituten und dem World Economic Forum (WEF). Die getroffene Auswahl garantiert Vielfältigkeit und ermöglicht eine ausgewogene Auswertung.

Systematik

Damit der Funk Global Risk Consensus so neutral wie möglich ist, werden die erfassten Risiken aus den fünf ausgewerteten Studien in eine Rangliste gebracht. Da in jeder Studie bereits eine Bewertung aufgrund der Anzahl Nennungen vorhanden ist, benutzt Funk ein einfaches Punktesystem, um die Risiken zu bewerten. Ist ein Risiko bei einer Studie auf Platz eins, wird es mit 10 Punkten bewertet, ist es auf Platz 10 mit einem Punkt. Danach werden die Punkte der Risiken von allen Studien zusammengezählt. Dadurch entsteht eine neutrale Rangliste im Funk Global Risk Consensus, da so nur Risiken, die in mehreren Studien auf den vorderen Plätzen genannt werden es auch im Funk Global Risk Consensus in die vorderen Plätze schaffen. Sollten zwei oder mehrere Risiken den selben Score erhalten, zählt das Risiko als "grösser", welches in mehr Studien genannt wurde.

Das sind die Top 5 Risiken im Jahr 2020

„Aufgrund der Erfahrungen mit Corona ist ein Umdenken angesagt. “ 

Stefan Brändli, Risk Analyst, Funk RiskLab

Die ersten beiden Plätze für das Jahr 2020 nehmen Cyber-Risiken und ändernde Regulierungen ein. Diese wurden in den Studien am häufigsten gelistet und als besonders kritisch eingestuft. Auf den Plätzen drei, vier und fünf folgen eine ungünstige MarktentwicklungFachkräftemangel und Politische Risiken.

Während die Cyber-Risiken seit Jahren das Top-Risiko ausmachen sind die Plätze dahinter relativ eng beieinander, was zeigt, dass eine Handvoll von Risiken für Unternehmen von grosser Bedeutung sind. Die ungünstige Marktentwicklung war immer im Hinterkopf der Führungskräfte, hat sich aber im letzten Jahr erst in die Top 5 geschafft und dann gleich auf den dritten Platz. Hingegen zeigt sich, dass der Fachkräftemangel und allgemeine Politische Risiken etwas an Bedeutung verlieren, jedoch weiterhin Top-Positionen einnehmen. Ein wichtiges Risiko, dass in Zukunft vielleicht noch weiter steigen könnte, ist die "bewusste Unterlassung des Umweltschutzes". Mit den Paris-Klimagesprächen und aktuell der Idee, Corona-Hilfsgelder für Firmen an Umweltschutzmassnahmen zu knüpfen, wird es für Firmen immer wichtiger, Umweltschutzgesetze einzuhalten.


Erfasste Studien und jeweiliges Studienziel


Folgende fünf Studien werden für den Funk Global Risk Consensus ausgewertet:

Cyber-Risiken stellen weiterhin das grösste Risiko für Unternehmen dar. Die wachsende Bedrohungslage durch Cyber-Kriminalität führt zu Cyber-Unsicherheit für Unternehmen und die Gesellschaft zugleich. Unternehmen werden immer häufiger Opfer von Supply-Chain- bzw. Third-Party-Angriffen. Dabei werden nicht die Unternehmen selbst, sondern Lieferanten für Anwendungen und IT-Services attackiert und Malware via Softwareupdates in die Unternehmensnetzwerke geschleust oder Daten von Kunden des Lieferanten gestohlen und veröffentlicht bzw. weiterverkauft. Aus einer vertrauenswürdigen Geschäftsbeziehung entsteht damit ein Einfallstor für Angreifer. Ziel von Angriffen wird sukzessive auch unsere moderne Gesellschaft, indem sie vermehrt Desinformationen und Identitätsdiebstählen ausgesetzt ist.

Die anhaltend hohen Konsumausgaben vor der Pandemie wurden mittels stimulierender Maßnahmen während der Krise enorm verstärkt. Der Nachfrageüberschuss traf auf ein beschränktes bzw. aufgrund der globalen Lieferkettenprobleme reduziertes Angebot. Verstärkend dazu wirkten der Fachkräftemangel (steigende Lohnkosten) sowie die steigenden Energiepreise auf die Herstellungskosten von Unternehmen ein und führten zu einer zusätzlichen Kosteninflation. Während sich die Zentralbanken von ihrer jahrelangen Niedrigzinspolitik verabschiedeten, haben zahlreiche Unternehmen immer noch mit den Folgen der Coronavirus-Pandemie zu kämpfen. So stiegen 2022 in zahlreichen Ländern die Unternehmensinsolvenzen um 10 bis 20%. Unter ökonomischen Gesichtspunkten dürften die steigenden Leitzinsen die Investitionstätigkeit der Unternehmen und das Konsumverhalten hemmen und damit das globale Wirtschaftswachstum dämpfen.

Fachkräfte zu finden und zu behalten ist auch in 2023 eine besondere Herausforderung für Unternehmen. Das Fehlen von Fachkräften kann zu Produktivitätseinbussen führen und die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens hemmen. Der Weiterbildung bestehender Mitarbeitenden sollte damit eine genauso wichtige Bedeutung zugemessen werden wie der Nutzung künstlicher Intelligenzen. Im Nachgang zur Coronavirus-Pandemie hat sich der Fachkräftemangel verschärft. Viele Stellen, die während der Pandemie durch Kündigungen oder Pensionierungen abgebaut wurden, konnten danach nicht oder nur schwer wiederbesetzt werden. Die Verknappung von Fachkräften führte zu steigenden Lohnkosten und setzte die Margen unter Druck. Die Unternehmen werden auch in 2023 die Nachfrage nach Telearbeit und kollaborativen sowie hybriden Arbeitsumgebungen des Arbeitsmarktes befriedigen müssen, um an qualifizierte Mitarbeitende heranzukommen.

Die Unternehmen befürchten in 2023 sinkende Wachstumsraten aufgrund diverser makroökonomischer Faktoren. Inflation, Lohnkosten, Energiepreise sowie die steigenden Leitzinsen zur Bekämpfung der Inflation umfassen die größten Sorgen für dieses Jahr. Die Gefahr einer Rezession ist allgegenwärtig. USA, China und Europa befinden sich zur gleichen Zeit in einer wirtschaftlich misslichen Situation. Die Prognosen für die Wachstumsraten dieser größten Ökonomien stimmen aktuell nicht zuversichtlich. Zur Bekämpfung der stark steigenden Lebenserhaltungskosten wurde von den Zentralbanken eine Zinswende eingeleitet. Nach über zehn Jahren, die von einem nie dagewesenen Niedrigzinsniveau geprägt waren, wurden die Zinsen stark angehoben, um die Nachfrage zu drücken und die Inflation zu bremsen. Für europäische Unternehmen ist dies ein großes Risiko, da Firmenkredite, Flotten- und Maschinenleasings und Mietkosten sich in kürzester Zeit stark verteuern. Damit wird eine allgemeine Kostenprognose erschwert und die Investitionstätigkeiten der Unternehmen heruntergefahren.

Extreme Wetterereignisse rücken im Jahr 2023 wieder verstärkt in den Fokus von Unternehmen. Letztes Jahr gab es einige markante und schadensträchtige Wetterereignisse wie z.B. die atlantische Wirbelsturmsaison. Sie verzeichnete mit über 110 Milliarden Dollar die drittgrösste Gesamtschadenssumme seit Beginn der Aufzeichnungen. Europa, China und Südostasien waren von extremen Hitzewellen und Dürren betroffen, Australien und Afrika von Überschwemmungen. Die Zunahme von extremen Wetterereignissen ist unverkennbar mit dem Klimawandel verbunden. Ob die Verfolgung von ESG-Nachhaltigkeitszielen (Environmental, Social, Governance) bei Rezessionsängsten und Margendruck weiterhin erfolgen, ist nur schwer abzuschätzen. Daraus entsteht eine stetig zunehmende Gefahr für Unternehmenswerte (Gebäude, Maschinen, Einrichtungen, Waren). Aber auch ein Anstieg von Lieferkettenunterbrüchen ist nicht auszuschliessen, was die ohnehin angespannte Situation verschärfen dürfte.

 

03. Juni 2020

Ihr Ansprechpartner

Stefan Brändli

Risk Analyst, MSc ERDW ETHZ


Medienmitteilung 3.06.2020
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